Wir leben in Zürich immer noch in einer der lebenswertesten Städte der Welt. Wenn wir jammern, jammern wir auf sehr hohem Niveau. Unsere Probleme rühren gerade daher, dass Zürich ausserordentlich attraktiv ist. Viele möchten hierher kommen, keiner will wegziehen. Schon daraus ergeben sich genug Herausforderungen. Damit aber nicht genug, hat man sich in den Kopf gesetzt, die Stadt in ein Idyll zu verwandeln. Etwas, was Zürich so wenig wie andere grosse Städte je war.
Ich finde es nicht verwerflich, sich hohe, vielleicht zu hohe Ziele zu setzen. Problematisch wird es aber, wenn die dazu eingesetzten Mittel dem Gesetz widersprechen. Noch problematischer ist es, wenn die, die sie einsetzen, das nicht sehen. Und am schlimmsten, wenn sie ganz bewusst wider besseres Wissen handeln.
Genau das scheint zurzeit in der Stadt zu passieren. Die Fälle, in denen die Stadt aus rechtlichen Gründen zurückkrebsen muss, häufen sich. Immer geht es um ideologisch Aufgeladenes - kommunaler Mindestlohn, Bargeldzahlungen an Sans-Papiers, tolerierte Velodemos, Verkehrsmassnahmen, die gegen kantonales Recht verstossen und und und. Ich kann mir nicht vorstellen, dass in all diesen Fällen die Ideologie blind für das geltende Recht machte. Vielmehr muss man dessen Verletzung mindesten teilweise bewusst in Kauf genommen haben. Es wird wohl auch nicht immer mit dem gleichen Massstab gemessen. Der inzwischen vom Verwaltungsgericht kassierte kommunale Mindestlohn wurde jedenfalls allen rechtlichen Bedenken zum Trotz zur Abstimmung gebracht, bei der bürgerlichen Aufstockungsinitiative findet man dagegen haufenweise Gründe, sie nicht dem Stimmbürger vorzulegen.
Politische Meinungsverschiedenheiten gehören zur Demokratie. Am Ende entscheidet die Mehrheit. Das Recht muss aber auch dann respektiert werden, wenn es einem nicht passt. Ein Idyll, in welchem die Willkür der Mehrheit herrscht, verdient diese Bezeichnung nicht.